Throne and Liberty ist das neueste MMORPG des südkoreanischen Entwicklers NCSoft und wird im Westen von Amazon Games vertrieben. Es wurde am 1. Oktober 2024 für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X/S veröffentlicht, und für diese Review haben wir uns die PC-Version genauer angesehen. Als lang erwartetes Spiel, das ursprünglich als Lineage Eternal bekannt war, präsentiert sich Throne and Liberty mit ambitionierten Ideen und einer offenen Welt voller PvP-Kämpfe und Gildenaktivitäten.
Das klassenlose System, das eine freie Charakterentwicklung ermöglicht, und die dynamische Weltgestaltung verleihen dem Spiel einen frischen Ansatz im oft stagnierenden MMO-Genre. Doch hält Throne and Liberty, was es verspricht, oder versteckt sich hinter der eindrucksvollen Grafik eine eher durchschnittliche Erfahrung?
Gameplay ohne Grenzen – Das klassenlose System als Spielplatz der Freiheit
Throne and Liberty hebt sich durch sein klassenloses System deutlich von anderen MMORPGs ab und eröffnet eine bemerkenswerte Freiheit, die den Charakter individuell formbar macht. Anstatt bei der Charaktererstellung eine bestimmte Klasse zu wählen, können Spieler in Throne and Liberty ihre Fähigkeiten und Rollen im Spiel selbstständig festlegen, indem sie sich durch verschiedene Waffen und Fähigkeiten kombinieren. Ob man mit einem Schwert und Schild im Nahkampf aushält oder lieber mit einem Zauberstab auf Distanz Schaden austeilt – das klassenlose System erlaubt nahezu jede Kombination und schafft so ein dynamisches Spielerlebnis, das nicht an festgelegte Klassenbeschränkungen gebunden ist.
Die Freiheit der Charaktergestaltung ist jedoch nicht nur ein kreatives Feature, sondern auch eine taktische Herausforderung. Da man jederzeit die Waffen wechseln und sich so einer neuen Spielweise anpassen kann, bietet das System zwar Flexibilität, verlangt jedoch auch einiges an Planung und Experimentierfreude. Diese Vielfalt kann besonders für Neueinsteiger überwältigend wirken, da sie eine Vielzahl von Tasten und Aktionen meistern müssen. Dennoch trägt sie dazu bei, das Spiel frisch und abwechslungsreich zu halten und Spielern die Möglichkeit zu geben, ihren ganz eigenen Stil zu entwickeln und zu verfeinern.
PvP-Paradies oder chaotischer Albtraum – Die Welt von Solisium im ständigen Kriegszustand
In Throne and Liberty spielt die offene Welt von Solisium eine zentrale Rolle, und die PvP-Elemente sind tief in das Gameplay integriert. Die Welt ist so gestaltet, dass die Spieler regelmäßig in groß angelegte Schlachten verwickelt werden, besonders in den sogenannten Open-World-Dungeons, die tagsüber friedlich bleiben, sich jedoch bei Nacht in gefährliche PvP-Zonen verwandeln. Diese Dungeons sind sowohl eine Gelegenheit für Loot als auch eine Arena, in der es buchstäblich ums Überleben geht. Solisium wird dadurch zu einer lebendigen, fast unberechenbaren Welt, die es den Spielern ermöglicht, sich ständig herauszufordern und neue Strategien zu entwickeln, um ihre Beute zu sichern oder ihren Gildenmitgliedern zur Seite zu stehen.
Doch so faszinierend und intensiv die PvP-Schlachten auch sein mögen, können sie für Solo-Spieler oder MMO-Neulinge schnell frustrierend werden. Ohne eine starke Gilde und ein Team im Rücken ist es schwierig, in der harschen Welt von Solisium langfristig zu bestehen. Dies macht Throne and Liberty zu einem Spiel, das für Fans von klassischen MMO-PvP-Systemen reizvoll ist, während Spieler, die sich auf PvE und solo-freundliche Inhalte konzentrieren möchten, möglicherweise enttäuscht sein könnten. Die offene PvP-Struktur und die Betonung auf massive Gildenschlachten lassen das Spiel jedoch in einem positiven Licht für jene erscheinen, die den Nervenkitzel und die Unberechenbarkeit eines echten PvP-MMO genießen.
Eine Welt voller Details – Solisium als visueller Genuss und atmosphärisches Highlight
Die Welt von Solisium in Throne and Liberty ist nicht nur ein schauplatzorientiertes MMO, sondern ein lebendiges Universum voller Details und visueller Highlights. Von dicht bewaldeten Gebieten bis hin zu majestätischen Städten wie Kastleton – die Umgebung besticht durch eine Vielfalt, die jede Ecke der Welt einzigartig macht. Das dynamische Wettersystem und der Tag-Nacht-Zyklus tragen zusätzlich zur Atmosphäre bei und machen Solisium zu einer Umgebung, die sich stetig verändert und lebendig anfühlt. Besonders beeindruckend sind die nahtlosen Übergänge zwischen den Zonen und die Größe der Spielwelt, die zu einer epischen Erkundung einlädt.
Der Detailreichtum setzt sich im Charakterdesign fort, das den Spielern umfangreiche Anpassungsoptionen bietet. Der Editor ist zwar auf menschliche Charaktere beschränkt, lässt jedoch fast keine Wünsche offen, wenn es um Gesichts- und Körperdetails geht. Ein besonders humorvolles Detail ist, dass die Haarfarbe des Charakters das Aussehen des Reittieres beeinflusst. Dieses einzigartige Feature verleiht dem Reittier eine persönliche Note und lässt es zu einer Art Erweiterung des Charakters werden. Die detailreiche Gestaltung sorgt dafür, dass man sich in Solisium tatsächlich wie in einer fremden, aber lebendigen Welt fühlt, was den Entdeckerdrang weckt und das Eintauchen in die Spielwelt umso fesselnder macht.
Gildenkriege und Teamgeist – Gemeinsamkeiten und Konkurrenz im Endgame
Eine der herausragendsten Eigenschaften von Throne and Liberty ist das Gewicht, das auf die Gilden- und Gruppenspiel-Mechanik gelegt wird. Der PvP-zentrierte Spielansatz macht Gilden im Spiel nahezu unverzichtbar. Ab Level 30 öffnet sich Solisium für umfangreiche Gildenkriege und epische Schlachten um strategisch wichtige Festungen und wertvolle Ressourcen. Hier hebt sich das Spiel von anderen MMORPGs ab, indem es die Spieler auffordert, Allianzen zu schmieden, Strategien zu entwickeln und im Team zusammenzuarbeiten, um langfristig Erfolg zu haben. Die groß angelegten PvP-Schlachten, bei denen teilweise hunderte Spieler gegeneinander antreten, sind ein echtes Spektakel und fördern den Gemeinschaftsgeist auf eine Weise, die an klassische MMORPGs erinnert.
Der Gildenzwang im Endgame hat jedoch seine Schattenseiten. Während Spieler, die den sozialen Aspekt und den Nervenkitzel eines stark PvP-fokussierten Spiels genießen, in Throne and Liberty auf ihre Kosten kommen, könnte das System für Solo-Spieler oder Gelegenheitsspieler entmutigend sein. Wer nicht Teil einer aktiven Gilde ist, wird schnell feststellen, dass das Endgame stark eingeschränkt ist. Die besten Belohnungen und die aufregendsten Inhalte sind nahezu ausschließlich Gilden vorbehalten, was den Zugang zu den spannenden Endgame-Elementen für Einzelkämpfer erheblich erschwert. Das Spiel ist somit perfekt für Hardcore-PvP-Enthusiasten und Teamspieler, während Einzelgänger möglicherweise an ihre Grenzen stoßen.
Technik mit Licht und Schatten – Ein beeindruckendes visuelles Erlebnis mit Tücken
In technischer Hinsicht beeindruckt Throne and Liberty auf mehreren Ebenen, erreicht aber nicht immer eine reibungslose Spielerfahrung. Die atemberaubende Grafik ist eine der größten Stärken des Spiels. Von der Struktur der Landschaften bis hin zu den dynamischen Wettereffekten wirkt alles in Solisium lebendig und atmosphärisch dicht. Die Möglichkeiten der Unreal Engine 5 wurden voll ausgeschöpft, um ein visuell überzeugendes Erlebnis zu bieten, das sich stark an modernen grafischen Standards orientiert. Besonders auf leistungsstarken PCs läuft das Spiel überwiegend flüssig und zeigt seine prachtvolle Welt in bestechender Qualität.
Trotz der visuell ansprechenden Darstellung hat Throne and Liberty jedoch mit einigen Performance-Problemen zu kämpfen. Auf Konsolen, insbesondere bei größeren Spieleransammlungen, kann die Framerate deutlich einbrechen, was den Spielfluss beeinträchtigt. Die Serverstabilität hat ebenfalls Optimierungspotenzial: In Hochzeiten und bei großen Events kann es zu Verbindungsabbrüchen und Warteschlangen kommen, die den Spielfluss unterbrechen. Zusätzlich sorgt das Cash-Shop-System für Kontroversen, da einige Items, die für das Endgame hilfreich sind, nur gegen Bezahlung erhältlich sind, was dem Spiel einen „pay-to-win“-Charakter verleiht und bei manchen Spielern auf Kritik stößt. Trotz dieser Schwächen überzeugt Throne and Liberty grafisch und technisch im Kern, auch wenn einige Feinschliffe notwendig sind, um die Spielerfahrung vollständig abzurunden.
Fazit – Ein Abenteuer mit Höhen und Tiefen
Throne and Liberty ist ein MMORPG, das sowohl erfahrene PvP-Veteranen als auch MMO-Neulinge mit seiner beeindruckenden Grafik und einzigartigen Mechanik anzieht. Die klassenlose Charaktergestaltung erlaubt es Spielern, ihre Rollen flexibel zu gestalten und durch dynamische Waffenkombinationen einen ganz eigenen Spielstil zu entwickeln. Die offene Welt von Solisium lädt zu Erkundungen und PvP-Schlachten ein, in denen besonders die massiven Gildenkriege hervorgehoben werden. Visuell ist das Spiel ein Fest für die Augen, das durch die Unreal Engine 5 eindrucksvoll in Szene gesetzt wird.
Dennoch bringt Throne and Liberty Herausforderungen mit sich. Die Betonung auf PvP und Gildeninhalte lässt Solo-Spieler oft außen vor, und die Monetarisierung, die einigen Items im Endgame gegen Bezahlung Vorteile verleiht, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Zudem beeinträchtigen Performance-Probleme und Serverinstabilität gelegentlich das Spielerlebnis, besonders in Stoßzeiten und auf Konsolen.
Für eingefleischte PvP-Enthusiasten und Teamspieler, die sich in einer aktiven Gilde engagieren möchten, ist Throne and Liberty eine lohnenswerte Reise durch eine wunderschöne, lebendige Fantasy-Welt. Spieler, die jedoch ein flexibles und solo-freundliches Endgame suchen, könnten hier an ihre Grenzen stoßen. Insgesamt ist Throne and Liberty ein erfrischender, aber polarisierender Neuzugang im MMO-Genre, der viel Potenzial bietet, aber auch Raum für Optimierung lässt.
